Die meisten Eltern wissen nicht einmal, was eine Trachealkanüle überhaupt ist – und das ist auch gut so. Doch betroffene Mütter und Väter stehen vor zahllosen Problemen mit ihren Kindern, wobei der Umfang der Probleme auch davon abhängig ist, wie umfangreich die Einschränkung durch die Trachealkanüle ist. Ist sie ganztägig zu tragen oder nur nachts? Ist das Kind ansonsten körperlich fit? Bei diesen Fragen entscheidet sich bereits, ob der Nachwuchs schwimmen gehen kann oder nicht.
Was ist eine Trachealkanüle?
Als Trachealkanüle wird ein starrer Schlauch bezeichnet, der leicht gekrümmt und flexibel ist. Er wird bei einer Operation in die Luftröhre eingesetzt, damit der Patient überhaupt atmen kann oder damit die Atmung wenigstens erleichtert wird. Auch bei Kindern kann eine solche Therapie bereits nötig werden, wenn sie zum Beispiel unter einer Muskelerkrankung leiden, die es dem Körper unmöglich macht, die Atmung selbst zu steuern. Dabei ist es wichtig, dass die entsprechende Hilfe schon frühzeitig kommt und nicht erst, wenn das Kind droht, nachts im Bett zu ersticken.
Die Trachealkanüle ist im Prinzip mit einem Tubus zu vergleichen, wobei sie aber nicht durch Nase oder Mund geschoben wird, sondern durch das sogenannte Tracheostoma. Dabei handelt es sich um einen Schnitt in der Luftröhre. Die Kanüle sorgt dafür, dass dieser Schnitt dauerhaft offen bleibt. Allerdings werden durch einen solchen Eingriff viele Alltagssituationen zum Notfall. Eine einfache Erkältung endet auf der Intensivstation, Wasserspritzer können einen Erstickungsanfall herbeiführen, wenn das Kind nicht in der Lage ist, das Wasser selbst wieder herauszuhusten. Eltern sind daher verständlicherweise sehr besorgt, wenn ihr Kind den Wunsch äußert, schwimmen zu lernen. Schwimmen – wo doch schon das Baden in der heimischen Wanne zur Herausforderung mit Todesängsten werden kann!
Schwimmen ist gesund
Gerade eingeschränkte Kinder profitieren davon, wenn sie Sportarten ausüben können, denen auch ihre Schulkameraden oder andere Freunde nachgehen. Die kleinen Patienten sind im Alltag in der Regel stark eingeschränkt und oft sozial isoliert. Ein Besuch im Schwimmbad würde für Abwechslung und ein Gefühl der Zugehörigkeit sorgen. Wichtig ist aber, dass auf spezielle Hilfsmittel gesetzt wird, wenn eine Trachealkanüle getragen werden muss. Da der Kontakt mit der Wasseroberfläche genau dort erfolgt, wo die Trachealkanüle sitzt, ist besondere Vorsicht geboten – auch die Rücksprache mit dem Arzt muss unbedingt zuvor erfolgen. Nun gibt es aber spezielle Wassertherapiegeräte, die auch Kindern mit Trachealkanüle das Schwimmen ermöglichen sollen. Die immer wieder beworbenen Westen sind eher weniger geeignet, wenn das Kind noch nicht schwimmen kann. Solche Westen sind sperrig und unflexibel und ermöglichen einem Schwimmanfänger nur sehr eingeschränkte Bewegungen. Wirklich schwimmen lernen kann das Kind damit nicht. Die speziellen Wassertherapiegeräte hingegen lassen sich bei vielfältigen Aktivitäten im Wasser nutzen und verhindern zuverlässig das Eintreten von Wasser in die Luftröhre.
Wie wird das Therapiegerät angewendet?
Es gibt den Bundesverband der Kehlkopflosen, dieser wiederum ist mit anerkannten Übungsleitern ausgestattet. Diese Übungsleiter können umfassende Belehrungen und Erfahrungsberichte zu Wassertherapiegeräten geben und nehmen sowohl die theoretische als auch die praktische Einweisung in die Anwendung der Geräte vor. Der behandelnde Arzt legt fest, wie groß die Trachealkanüle sein muss, damit das Wassertherapiegerät ausreichend funktioniert. Wichtig: Die Trachealkanüle muss genau passen und in der Lage sein, das Wasser zu blocken, ansonsten droht der Tod durch Ertrinken. Allerdings ist die Anwendung des Therapiegerätes nicht bei jeder Art von Tracheostoma möglich, teilweise ist auch die Wahl der richtigen Trachealkanülengröße schwer. Der HNO-Arzt sollte daher unbedingt über ausreichend Erfahrung auf dem Gebiet der Tracheostoma-Versorgung verfügen.
Das Wassertherapiegerät besitzt einen flexiblen Faltenschlauch, der an einem Ende die Trachealkanüle führt, die wiederum verschlossen werden kann. Am anderen Ende sitzt das Mundstück mit Beißblöcken, was im Prinzip mit einem Schnorchel zu vergleichen ist. Das Mundstück muss mit den Lippen fest verschlossen werden, daher ist das Gerät für sehr kleine Kinder noch nicht geeignet. Die Luft muss über die Nase eingesogen werden, danach wird sie in die Rachenhöhle geleitet. Von hier aus gelangt sie über die Mundhöhle in den Faltenschlauch und wird weiter zur Trachealkanüle befördert. Durch das Tracheostoma strömt die Luft in den Körper ein.
Die Trachealkanüle verfügt über einen Ballon, dadurch kann das Wasser nicht eindringen. Mithilfe einer Manschette kann der Ballon aufgeblasen werden, so wird das Tracheostoma gegen die Tracheawand abgedichtet. Die Trachealkanüle wird in ihrem Sitz stabilisiert, indem ein Kanülentrageband mittels Hakenverschluss am Hals des Kindes befestigt wird.
Wichtig: Kinder, die unter einem instabilen Tracheostoma leiden, dürfen das Wassertherapiegerät nicht anwenden, dies wäre zu gefährlich und mit unkalkulierbaren Risiken verbunden.
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